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Welche Berechnungsmethoden gibt es für den Ehegattenunterhalt?

Berechnung des Ehegattenunterhalts

Bedarf und Bedürftigkeit: Welche Berechnungsmethoden gibt es für den Ehegattenunterhalt?

Haben Sie sich schon einmal in einer familienrechtlichen Auseinandersetzung vor Gericht befunden? Dann können Sie das Sprichwort, vor Gericht und auf hoher See befindet man sich in Gottes Hand, gut nachvollziehen.

Wenn Sie sich selbst intensiv in die Lösung ihres Falles einbringen und nicht alles ihrem Anwalt überlassen wollen, hilft der nachfolgende Blog notwendiges Wissen für diese schwierige Materie zu schaffen.  Der Blog will die Tücken der Materie erläutern um Sie selbst in die Lage zu versetzen, gemeinsam mit Ihrem Anwalt lösungsorientiert an ihrer Sache mitzuwirken.

Grundsätze der Unterhaltsberechnung

Dazu zunächst nachfolgende kurze Einführung in unterhaltsrechtliche Grundsätze:

Ausgenommen den Kindesunterhalt, gibt es keine festen Vorgaben zur Berechnung des Unterhalts, geschweige denn gesetzliche Vorschriften, die den konkreten Unterhaltsanspruch präzise festlegen. Die Grenze zwischen der Anwendung der Quotenmethode und der konkreten Bedarfsbemessung hatte die Rechtsprechung des BGH, vgl.  Urteil vom 11.8.2010, XII ZR 102/09 bei einem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten entsprechend der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle (Gruppe 10) mit 5.100 € monatlich gezogen. In der Entscheidung BGH NJW 2018,468 ff wird die Quotenunterhaltsberechnung bis zum doppelten der ursprünglichen Grenze für möglich gehalten.

Die Berechnung nach Quote ist für Standardfälle die Methode der Wahl, sie liefert Ergebnisse, die von der Rechtspraxis für den Regelfall verwendet und anerkannt sind. Die Berechnung basiert auf der Halbteilungsmethode. Der vom verfügbaren Einkommen nach Abzug von SteuernVorsorgeaufwand und Kapitaldienst für die Wohnung verbleibende Betrag wird um den Unterhalt der Kinder gekürzt, der verbleibende Rest steht für den Unterhalt der Ehegatten zur Verfügung. Die Quotenunterhaltsmethode kann vom Grundgedanken unschwer nachvollzogen werden und hat sich in der Praxis als Standardberechnung durchgesetzt. Abgesehen von kleineren Korrekturfaktoren, die von den Obergerichten regional unterschiedlich berücksichtigt werden (Halbteilung 50:50 nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen oder Aufteilung 3/7:4/7oder Berücksichtigung von Nutzungsvorteilen und Vorsorgeaufwand) liefert die Berechnung nach Quote richtige und nachvollziehbare Ergebnisse, wenn weder ein erheblicher Aufwand der Einkünfte für Vermögensbildung verwendet wird oder erhebliche Verbindlichkeiten die ehelichen Lebensverhältnisse verzerren.

Konkrete Berechnung des Unterhalts

Dennoch muss man sich darüber im Klaren sein,  dass „richtig“ ein Begriff ist, über den sich, je nach Position, ob man Unterhalt bekommt oder zahlen soll,  heftig streiten lässt. Deshalb ist es erforderlich, sich auf den der Unterhaltsberechnung zugrunde liegenden Grundsatz zu besinnen. Die Höhe des Unterhaltsanspruches hängt einerseits von der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und andererseits vom Bedarf des Berechtigten ab. Maßstab sind die ehelichen Lebensverhältnissen bis zur Scheidung. Es gilt: Ist keine Leistungsfähigkeit vorhanden, gibt es keinen Unterhalt, wo kein Bedarf besteht, gibt es unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten, ebenfalls keinen Unterhalt. Mit anderen Worten: Der Unterhaltsanspruch ist das Ergebnis von Leistungsfähigkeit und Bedarf im Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner, die Bedürftigkeit des Unterhaltsschuldners drückt aus, was der Unterhaltsgläubiger subjektiv durch Erfüllung sogenannter Obliegenheiten vom Bedarf selbst decken kann oder muss.

Es gibt also Fälle, die von einer Quotenunterhaltsberechnung nur unzureichend gelöst werden können. Das sind zum einen Fälle, in welchem das verfügbare Einkommen während der Ehe nicht vollumfänglich für die Kosten der Finanzierung des Lebensstandards verwendet werden mussten. Wurde ein Teil des Einkommens für die Vermögensbildung oder die Schuldentilgung verwendet oder ein nur durch Zuwendungen Dritter möglicher Lebensstandard gepflegt, ist das Ergebnis der Quotenunterhaltsberechnung korrekturbedürftig. Entsprechendes gilt, wenn der Bedarf durch fiktive Hinzurechnungen verfälscht wird.

Die Ermittlung des Unterhalts führt durch die sogenannte Quotenmethode in Standardsituationen zu plausiblen Ergebnissen. Zu hinterfragen ist das Ergebnis aber dann, wenn grundlegende unterhaltsrechtliche Faktoren wie BedarfBedürftigkeit und Leistungsfähigkeit durch Wertungen und fiktive Annahmen verändert werden, was zu nicht sachgerechten Lösungen bei standardmäßiger Anwendung der Quoten Unterhaltsmethode führen kann.

In solchen Fällen ist das Ergebnis der Quotenunterhaltsberechnung einer Richtigkeitskontrolle durch eine ergänzende konkrete Bedarfsermittlung zu unterziehen.

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