Arbeitnehmer sollten mit religiösen Bekundungen im Geschäftsverkehr vorsichtig sein, wenn das vom Arbeitgeber untersagt wurde. Ansonsten droht die fristlose Kündigung.
Das Landesarbeitsgericht Hamm (Az. 4 Sa 2230/10) hatte folgenden Fall zu entscheiden:
Der betroffene Arbeitnehmer war als Telefonagent in einem Call-Center tätig, wo er telefonische Warenbestellungen entgegennahm. Er beendete Kundengespräche regelmäßig mit den Worten: “Jesus hat Sie lieb! Vielen Dank für Ihren Einkauf …“, um den Glauben Gottes verbreiten zu können. Das wurde ihm von seinem Arbeitgeber untersagt. Da sich der Arbeitnehmer weigerte, wurde ihm fristlos gekündigt.
Der Arbeitnehmer berief sich auf seine Religionsfreiheit und wies darauf hin, dass sich kein Kunde bei ihm beschwert hätte. Demgegenüber brachte der Arbeitgeber vor, dass es schließlich auch Kunden mit anderen religiösen bzw. weltanschaulichen Ansichten gibt, auf die er auch Rücksicht zu nehmen hat. Die Anweisung, religiöse Bekundungen gegenüber Kunden sein zu lassen, wäre vom Direktionsrecht gedeckt.
Das Arbeitsgericht Bochum gab in 1. Instanz dem Arbeitnehmer Recht, das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte jedoch im Berufungsverfahren die Kündigung, sogar die fristlose, für rechtmäßig. Zur Begründung führte es im Wesentlichen wie folgt aus:
Der Arbeitnehmer hat mehrfach gegen eine klare Weisung des Arbeitgebers – den religiösen Zusatz zu unterlassen – verstoßen und damit nicht nur eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, sondern geradezu eine beharrliche Arbeitsverweigerung begangen.
Es ist schon fraglich, ob ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses überhaupt zielgerichtet für seinen Glauben werben darf. Unabhängig davon müsste der betroffene Arbeitnehmer konkret darlegen, dass gerade diese Äußerung einer tiefen religiösen Verpflichtung entspringt , an die er sich fest gebunden fühlt. Gerade das konnte der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall nicht nachweisen, er hatte lediglich betont, gläubiger Christ zu sein und pauschal auf Bibelstellen verwiesen, ohne die aber auch nur im Einzelnen zu benennen. Darüber hinaus rechnen die Gesprächspartner des Arbeitnehmers überhaupt nicht damit, am Telefon mit privaten oder gar religiösen Themen belämmert zu werden. Die Kunden möchten schlicht ihre Warenbestellung aufgegeben. Die Befürchtung des Arbeitgebers, ein Teil des Kundenkreises könne die religiösen Überzeugungen des Arbeitnehmers ablehnen und daher von einer Bestellung absehen, reicht dafür aus, dem Arbeitnehmer per Weisung den religiösen Zusatz zu verbieten. Auf einen tatsächlich eingetretenen Schaden kommt es dann nicht mehr an.
Religiöse Überzeugungen, egal ob real oder vermeintlich, sind immer wieder Gegenstand gerade arbeitsrechtlicher Verfahren, aktuelle Stichworte: Kopftuch oder Vollverschleierung. In allen Fällen muss der Arbeitnehmer konkret darlegen, dass seine religiöse Bekundungen oder eine bestimmte Kleidung gerade aus Glaubensvorschriften für ihn bindend ist. Gelingt dieser Nachweis, aber nur dann, hat das der Arbeitgeber regelmäßig vor dem Hintergrund der Religionsfreiheit des Arbeitnehmers zu akzeptieren.
Ein Beitrag aus der Reihe: „Hätten Sie‘s gewusst“ von RA Gerhard Schmid, Fachanwalt für Arbeitsrecht.