Hintergrund ist folgender:
Steuernachforderungen – wie auch Steuererstattungen! – werden gemäß § 233a AO verzinst, und zwar grundsätzlich nach Ablauf einer Karenzzeit von 15 Monaten seit Entstehung der Steuer sowie bis zu deren Festsetzung. Der Zinssatz beläuft sich gemäß § 238 AO auf monatlich 0,5 %, mithin 6 % jährlich und betrifft nicht nur den Bereich der Einkommensteuer, sondern auch andere Steuerarten, etwa Umsatzsteuer oder Gewerbesteuer.
Das Bundesverfassungsrecht hat zunächst klargestellt, dass eine Verzinsung von Steuernachforderungen grundsätzlich zulässig ist, da der Zinsvorteil desjenigen, der die Steuer später bezahlt, abgeschöpft werden soll. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Verzögerung zwischen Entstehung und Festsetzung der Steuer vom Steuerschuldner oder vom Finanzamt zu verantworten ist. Die Höhe des Zinssatzes muss sich aber wenigstens einigermaßen im Rahmen des Marktüblichen bewegen. Das war jedenfalls bis zur Finanzkrise unproblematisch der Fall. Seit Jahren ist das Zinsniveau jedoch so niedrig, dass der Zinssatz der Finanzverwaltung von 6 % nicht, auch nicht annähernd am Kapitalmarkt erzielt werden kann. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist das – etwas willkürlich – seit 2014 der Fall. Ab diesem Zeitpunkt sind die Zinsen von 6 % verfassungswidrig. Für den Zeitraum bis 2018 verbleibt es trotzdem bei der alten Regelung, also bei 6 %. Erst ab 2019 gilt dieser Zinssatz nicht mehr.
Wie geht es weiter?
Der Gesetzgeber hat nunmehr bis zum 31. Juli 2022 Zeit, für den Zeitraum ab 2019 eine andere Zinsregelung zu verabschieden. Wir halten Sie weiter auf dem Laufenden.
Für Interessierte der Link zur Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:
RA Gerhard Schmid, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht, RVR Rechtsanwälte, Stuttgart