Elternschaft leiblicher Väter
Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte des leiblichen Vaters gestärkt, die Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Anfechtungsantrag des leiblichen Vaters zurück an das Oberlandesgericht verwiesen.
Diese Entscheidung ist ein weiterer Schritt zur Stärkung der Rechte des leiblichen Vaters, der Träger des Elterngrundrechts im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ist. Hat der leibliche Vater gezeigt, dass er Elternverantwortung übernehmen will (oder diese bereits schon getragen hat), muss er diese Position auch erhalten können. Nach geltendem Recht können im Anfechtungsverfahren weder die eigene sozial-familiäre Beziehung noch seine Bemühungen, Elternverantwortung zu tragen, wertend einbezogen werden. Entfällt die Anfechtung oder die sozial-familiäre Beziehung zum rechtlichen Vater später, besteht für ihn keine Möglichkeit, die rechtliche Elternstellung zu erlangen.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist dem leiblichen Vater daher die Möglichkeit zu geben, durch eigenes Verhalten Einfluss auf die Voraussetzungen des § 1600 Abs. 2 Alt. 1 BGB nehmen zu können und damit das Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG mit der Elternverantwortung zu harmonisieren. Die Elternschaft kann nicht von Zufällen und zeitlichen Abläufen abhängen. Sie kann auch nicht allein dem Willen der Mutter unterfallen. Mit einem gesetzlich zugelassenen Wettlauf um die rechtliche Vaterstellung verletzt der Gesetzgeber seine Pflicht zu einer verfassungskonformen Ausgestaltung abstammungsrechtlicher Zuordnungen. Es muss daher grundsätzlich gewährleistet sein, dass leibliche Väter ihre Elternverantwortung auch wahrnehmen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30.6.2025 eine verfassungskonforme Regelung herbeizuführen.
In dem entschiedenen Fall versuchte der leibliche Vater, seine Vaterschaft durch Anerkennung mit Zustimmungserklärung der Mutter einzurichten. Die Mutter erteilte ihre Zustimmung jedoch nicht, daraufhin stellte der leibliche Vater einen gerichtlichen Feststellungsantrag.
Einen Monat nach Antragstellung erkannte der neue Lebensgefährte der Mutter mit deren Zustimmung die Vaterschaft an, obwohl er, was alle wussten, nicht der leibliche Vater des Kindes ist. Nach Einholung eines genetischen Abstammungsgutachtens wurde die Vaterschaft des Lebensgefährten vom Familiengericht aufgehoben und die des leiblichen Vaters festgestellt (AG Halle (Saale) Beschluss vom 19.5.2021, Az. 26 F 1064/20 AB). Auf die Beschwerde von Mutter und rechtlichem Vater hob das Oberlandesgericht die Entscheidung auf und wies den Anfechtungsantrag des leiblichen Vaters zurück (OLG Naumburg, Beschluss vom 28.7.2021 – 8 UF 95/21 – NZF am 23, 664).
Dagegen legte der leibliche Vater Verfassungsbeschwerde ein.