Ich will nicht zu Papa! Kann der Umgang gegen den Willen des Kindes durchgesetzt werden?
Verweigert das Kind den Umgangskontakt kommt es schnell zu den heftigsten gerichtlichen Auseinandersetzungen: Will das Kind aus freien Stücken nicht oder wurde es vom anderen Elternteil beeinflusst? Eine Frage, die oftmals sehr schwer zu beantworten ist.
Verweigert das Kind den Umgang, gilt es zunächst Ursachenforschung zu betreiben.
Der betreuende Elternteil muss grundsätzlich auf das Kind einwirken, den Umgang wahrzunehmen und versuchen, Barrieren und Ängste des Kindes abzubauen. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein Kind zwischen 6-8 Jahren in der Regel mit erzieherisch überzeugendem Auftreten zum Umgang bewegt werden kann.
Beide Eltern haben die Pflicht, „alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert“. Das Kind soll nicht gegen den anderen Elternteil beeinflusst werden. Vielmehr sollen die Eltern aktiv auf das Kind einwirken, es zum Umgang bereithalten, die Türe öffnen, das Kind zum vereinbarten Treffpunkt bringen, mit erzieherischen Mitteln auf das Kind einwirken, um einen unbegründeten Widerstand zu überwinden. Der betreuende Elternteil darf dem Kind nicht freistellen, ob es den Umgang wahrnimmt oder nicht. Ansonsten stellt er oder sie seine Erziehungseignung in Frage. Umgang darf nicht boykottiert werden, um dem anderen Elternteil eins auszuwischen. In diesem Fall müssen gerichtliche Schritte, wie ein Vermittlungsverfahren oder Zwangsmaßnahmen wie Ordnungsgeld erwägt werden.
Andererseits kommt es darauf an, ob der Wille des Kindes, keinen Umgang mit einem Elternteil haben zu wollen, aus freien Stücken und unbeeinflusst vom anderen Elternteil gebildet wurde. Maßstab sind das Alter des Kindes, die jeweilige Reifeentwicklung und die Gründe des Kindes für seine ablehnende Haltung. Je älter das Kind wird, desto bedeutsamer wird aber seine ablehnende Haltung, unabhängig worauf diese beruht. Bei Kleinkindern ist häufig davon auszugehen, dass die Ablehnung des Umgangs aus einem Loyalitätskonflikts heraus erfolgt und dem Wunsch nach Identifizierung mit dem betreuenden Elternteil entspringt. Kinder entwickeln eine hohe Sensibilität für die momentane emotionale Befindlichkeit der Eltern und versuchen diese zu stützen, zu trösten und durch eigenes Verhalten zu schonen oder abzulenken.
Die Ablehnung ist beachtlich, wenn sie auf tatsächlichen Erlebnissen des Kindes beruht war, das Kind z.B. die Trennung der Eltern nicht verarbeitet, Gewalt in der Familie erlebt hat etc. und die durch die Besuchskontakte entstehende Konfliktsituation nicht zu bewältigen vermag, Angst und Stresssymptome zeigt. In diesem Fall kann es angezeigt sein, den Umgangskontakt vorübergehend zu reduzieren.
Der Umgang kann im Falle einer ablehnenden Haltung des Kindes z.B. auf telefonische oder briefliche Kontakte vorläufig beschränkt werden, um zu versuchen, das Verhältnis langsam wieder zu normalisieren und neu aufzubauen. In dieser Zeit kann durch therapeutische Maßnahmen versucht werden, den Ängsten des Kindes zu begegnen.