Ehegatten schulden einander Unterhalt, auch nach Trennung und Scheidung. Die Unterhaltshöhe richtet sich nach den Einkünften beider Ehegatten. Der Bundesgerichtshof hat jetzt für unsere Mandanten, Besserverdiener, Möglichkeiten aufgezeigt, die wirtschaftliche Grundlage der Unterhaltsberechnung signifikant zu drücken, wie der nachfolgende Beitrag zeigt.
Wie geht’s ?
Laufende monatliche Belastungen sind grundsätzlich vom unterhaltspflichtigen Einkommen abzugsfähig, aber nur dann, wenn sie bereits während des Zusammenlebens die wirtschaftlichen Verhältnisse geprägt haben. Deshalb können Darlehen, die nach Trennung aufgenommen werden, in aller Regel nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden. Es gibt aber eine andere, jetzt vom BGH bestätigte Möglichkeit, den Unterhalt niedriger zu gestalten:
Bekannt ist, dass neben den Beiträgen zur Rentenversicherung weitere 4 % des Bruttoeinkommens für eine zusätzliche Altersversorgung von den unterhaltsrelevanten Einkünften abgezogen werden dürfen. Übersteigen die Einkünfte die Beitragsbemessungsgrenze (2019: 80.400,00 €; 2020: 82.800,00 €) können jetzt weitere 22,6 % (18,6 % in Höhe des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung zzgl. 4 % als zusätzliche Altersvorsorge) von den Einkünften in Abzug gebracht werden, wie der BGH jetzt entschieden hat. (BGH,XII, ZB 25/19).
Dieser Aufwand kann als weitere zusätzliche Altersvorsorge von den unterhaltspflichtigen Einkünften in Abzug gebracht werden. Unser Klientel kann seine Unterhaltslast so deutlich verringern.
Das ist der Hammer!
Es spielt keine Rolle, ob diese zusätzliche Altersversorgung bereits während des Zusammenlebens geleistet wurde. Gleichgültig ist auch, ob die Zahlungen durch Beiträge für Renten- bzw. Lebensversicherungen oder auf andere Weise, etwa durch Immobilien, Sparguthaben oder Wertpapiere erbracht werden. Bereits bestehende Vorsorge, in welcher Form auch immer, kann ohne zusätzlichen Aufwand integriert, d.h. in Höhe von 22.6 % des Bruttoeinkommens geltend gemacht werden!
Einzige Bedingung ist, dass diese Aufwendungen tatsächlich gemacht werden. Einen fiktiven Abzug gibt es nicht!
Was ist für mich drin?
Der Ehemann verdient brutto 150.000 Euro im Jahr. Das bereinigte Einkommen (Einkommen nach Abzug der unterhaltsrechtlich relevanten Verbindlichkeiten) der Eheleute beläuft sich beim Ehemann auf 8000,00€ und bei der Ehefrau auf 1.000,00 €.
Ehemann
Bereinigtes Einkommen Ehemann | 8.000,00 € |
Abzüglich 10 % Erwerbstätigenbonus | 800,00 € |
Einzusetzendes Einkommen | 7.200,00 € |
Ehefrau
Bereinigtes Einkommen | 1.000,00 € |
Abzüglich 10 % Erwerbstätigenbonus | 100,00 € |
Einzusetzendes Einkommen | 900,00 € |
Summe – Gemeinsames Einkommen: 8.100 €
Unterhalt
Bedarf Ehefrau | 8100 € / 2 = 4.050 € |
Unterhaltsanspruch | 4.050 € – 900 € = 3.150 € |
Summe – Unterhaltsanspruch: 3.150 €
Der Ehemann hat nach Trennung eine zusätzliche Altersvorsorge in Höhe von 4 % seines Bruttoeinkommens ( 4 % von 150.000 / 12) von monatlich 500 € begründet.
Ehemann
Bereinigtes Einkommen Ehemann | 8.000,00 € |
Abzüglich private Altersvorsorge | 500,00 € |
Zwischensumme | 7.500,00 € |
Abzüglich 10 % Erwerbstätigenbonus | 750,00 € |
Einzusetzendes Einkommen | 6.750,00 € |
Ehefrau
Bereinigtes Einkommen | 1.000,00 € |
Abzüglich 10 % Erwerbstätigenbonus | 100,00 € |
Einzusetzendes Einkommen | 900,00 € |
Summe – Gemeinsames Einkommen: 7.650 €
Unterhalt
Bedarf Ehefrau | 7.650,00 € / 2 = 3.825,00 € |
Unterhaltsanspruch | 3.825,00 € – 900 € = 2.925,00 € |
Summe – Unterhaltsanspruch: 2.925 €
Beratung durch RVR Rechtsanwälte, Anwendung der BGH Entscheidung Abzug von 22,6 % von 150.000,00 € jährlich, unter Einbeziehung der privaten Altersvorsorge durch Immobilien. Dies entspricht einem Betrag von 33.900,00.
Ehemann
Bereinigtes Einkommen Ehemann | 8.000,00 € |
Abzüglich private Altersvorsorge | 1.578,80 € |
Zwischensumme | 6.421,20 € |
Abzüglich 10 % Erwerbstätigenbonus | 642,12 € |
Einzusetzendes Einkommen | 5.779,08 € |
Ehefrau
Bereinigtes Einkommen | 1.000,00 € |
Abzüglich 10 % Erwerbstätigenbonus | 100,00 € |
Einzusetzendes Einkommen | 900,00 € |
Summe – Gemeinsames Einkommen: 6.679,08 €
Unterhalt
Bedarf Ehefrau | 6.679,08 € / 2 = 3.339,54 € |
Unterhaltsanspruch | 3.339,54 € – 900 € = 2.439,54 € |
Summe – Unterhaltsanspruch: 2.439,54 €
Monatliche Ersparnis zwischen Variante 1 und 3: 710,46 € an Unterhalt
Begründung: In die gesetzliche Rentenversicherung wurden 18,6 % aus 80.400 € = 14.954,40 € abgeführt.
Somit können weitere 18.945,60 € jährlich, dies entspricht einem Betrag von 1.578,80 € monatlich, in eine private Altersvorsorge investiert werden. Eine private Altersversorgung muss nicht unbedingt den Abschluss einer weiteren Versicherungspolice beinhalten. Als private Altersversorgung ist auch der Aufbau von Immobilienvermögen anzusehen, beispielsweise die Abzahlung einer Eigentumswohnung.
Eine Antwort
Sehr geehrter Herr Schmid, wir hatte schon einmal über diesen großartigen Artikel telefoniert! Nachdem nach einer Einigung mit meiner ehemaligen Frau der Ehegattenunterhalt 2021 weggefallen ist, hätte ich nun Interesse daran den Unterhalt für meine Kinder neu berechnen zu lassen.
• Sönke (15.09.2004) in einer Onlineschule (ab August/ September 2022)
• Eske (01.09.2001) im Studium (ab Wintersemester 2022)
Soweit ich das sehe benötige ich ja noch nicht einmal aktuelle Angaben meiner ehemaligen Frau dafür – richtig? Ich frage mich insbesondere, wie ich das bereinigte Nettoeinkommen optimiere. Gelten hier ebenfalls die Abzüge zur RV? Was würde denn so eine Berechnung durch sie kosten?
Mfg
Stefan Riedel